Situationen, Ereignisse, Menschen

Zusammenstellung

kirchner-raddestorf

Beginn: 08/02

 

Hier sollen Charaktere, Anekdoten, wahre Geschichten, natürlich auch Jägerlatein aus unserem jagdlichen Raum zum Tragen kommen.

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

Vorbemerkungen. 2

Geschichten aus der Nachbarschaft. 2

Südkreisjäger. 2

Harrienstedter Schweinejagd. 2

Nachbarjagden und Grenzjäger. 3

„Die Futerrier“ 3

Dei Vossjagd. 4

Unvergessliche Fallenjagd. 4

Die Freunde der Jäger. 4

Pastoren, Jagd und Platt 4

 

Vorbemerkungen

 

 

 

Auf dem Lande in unserem Raum werden viele lustige, bedenklich machende, vom Mutterwitz strotzende Geschichten über verstorbene oder noch lebende Originale erzählt. Immer wieder finden sich begeisterte Zuhörer, wenn ein Mitbürger, der über eine besondere Erzählbegabung verfügt, seine Erinnerungen pointiert zum Besten gibt. Und wenn man sie so reden hört, auf hochdeutsch oder platt, dann hat man den Eindruck, dass die beschriebenen Originale allmählich aussterben, genauso wie die begabten Berichterstatter über diese Menschen und Ereignisse.

 

Und das bedeutet vergessen!

 

Dieses Kapitel hat sich vorgenommen dem entgegenzuwirken, bemerkenswertes zu erhalten.

Es wird nur ein kleiner Ausschnitt sein, aber es ist immerhin ein Anfang, denn bedauerlicherweise weigern sich die begabten Erzähler meist ihre im Gedächtnis fest verankerten Ereignisse zu Papier zu bringen.

Hier also werden die Menschen unseres Raumes zu Worte kommen. Und wenn einer der Leser mit zur Erweiterung dieser Seiten beitragen möchte, seine Geschichten sind herzlich willkommen, allerdings mit der Einschränkung, dass die Vorlagen alle etwas mit dem Thema Jagd zu tun haben müssen.

 

 

 

Geschichten aus der Nachbarschaft

 

 

 

Südkreisjäger

 

 

Harrienstedter Schweinejagd

 

Erzählt von Heini Schamerloh, Kreuzkrug 08/2002

Zum Verständnis der nachfolgenden Geschichte muss man folgende Vorbemerkung machen: die 5 Genossenschaftsjagden von Raddestorf sind überwiegend von landwirtschaftlich genutzter Fläche geprägt. Größere Waldeinheiten finden sich nicht, sodass Schwarzwild praktisch nicht vorkommt. Wenn sich aber einmal auf ihren Wanderschaften eine Gruppe Wildschweine oder ein einzelnes Stück hierher verlaufen hatte, dann ist es ein elektrisierendes Großereignis für die betroffenen Jäger.

In den sechziger Jahren, als das Schwarzwildaufkommen noch nicht so hoch war wie heute, bedeutete diese Jagdmöglichkeit ein besonderes Halali für die örtlichen Jäger.

(Diese Geschichte hier hat noch einen besonderen Kick: sie lässt sich teilweise mit Bildern belegen.)

 

Es geschah im Herbst 1964. Ein Überläuferkeiler auf Wanderschaft war ausgemacht worden, schnell wurden die Jagdkollegen informiert und es gelang tatsächlich das Keilerchen  zu strecken.

 

Der glückliche Schütze

Photo von Gisela Nordhorn, Westenfeld erhalten

 

Natürlich musste dieses Ereignis tüchtig gefeiert werden und die Jagdgemeinschaft zog fröhlich zum „Krützkreuger“ Gasthaus um bei Bier und Schluck den Jagderfolg zu würdigen. Es wurde reichlich spät.

Am nächsten Tag fiel einem der Teilnehmer ein, dass Bier und Schluck nicht das adäquate Getränk für solch eine Tat wäre, schließlich handle es sich ja um „Hochwild“. Das sahen alle ein.  Also traf man sich wieder beim „Krützkreuger“, um mit Wein den Abschuss zu würdigen.

Als aber zu später Stunde einem der fröhlichen Zecher einfiel, dass man eigentlich doch nur mit Sekt der Sache gerecht würde, beschloss man - wegen der Uhrzeit und den bisherigen Vorlasten - dieses am morgigen Abend nachzuholen.

So traf sich die fröhliche Gruppe wieder an gleicher Stelle.

 

Drei Abende hintereinander, das war selbst den geduldigsten Frauen zu viel und so beschloss Lürkens Mudder die Konversation mit ihrem Manne strafweise vorübergehend einzustellen.

Was er auch tat und fragte, kein Wort kam am nächsten Morgen über ihre Lippen. Er litt unter dieser wahrhaft thebanischen Tragödie, schließlich rief er in seiner Not den Uchter Hausarzt Dr. Benthien an und teilte mit, seine Frau könne nicht mehr sprechen.

Der vermutete schlimmes, eilte schnell herbei und als er die Ursache der „Krankheit“ erfuhr, hat er mit Lührkens Vadder sehr gezauselt und ihm ein saftiges Fahrgeld abgenommen.

Doch der erzählte später immer wieder schmunzelnd von dieser „Strafe“, denn seine Frau hat zeitlebens (bis heute!) nicht mehr das Reden eingestellt....

 

  

links: Schütze mit Jagdhund rechts: Mitjäger Pralle, Tochter Gisela, Schütze

Photos von Gisela Nordholz, Westenfeld erhalten

 

 

 

Nachbarjagden und Grenzjäger

 

 

 

Mit Heini Schamerloh, eingeheiratet im Kreuzkrug ursprünglich aus Kutenhausen (Westfalen) stammend, ist es mir gelungen, einen der in der Vorbemerkung genannten Menschen zu finden. Von ihm stammen die nachfolgenden Geschichten, er bildet eine von den Quellen, die hoffentlich noch lange ausgiebig sprudeln ....

„Die Futerrier

 

Der ehemalige Hegeringsleiter in einem benachbarten westfälischen Revier war ein sehr phantasievoller Jäger. Eines Tages berichtete er von einer Baujagd mit seiner Terrierhündin, die sehr unglücklich verlief, denn der Hund blieb untertage und man konnte ihm wegen des Bodens nicht durch Graben helfen. Man hatte die Hoffnungen aufgegeben, als plötzlich, zwei Tage später der mutige kleine Ritter putzmunter vor der Haustür saß.

Dem Besitzer war klar, dass die Hündin sich in der Hitze befand und die ganze Familie war froh den gemeinsamen Liebling wieder zu haben. In den folgenden Wochen wurde sie zunehmend runder und ein fürchterlicher Verdacht verdichtete sich für den Jägersmann. - Endgültige Klarheit meinte er aus der Tatsache herleiten zu können, dass der zuerst abgegebene Nachwuchshund bei dem neuen Besitzer sofort alle Hühner getötet hatte ...

Aus diesem Zusammenhang entstand der folgende „Riemel“:

 

Mit Hunden erlebt man doch allerlei

Und wenn es dazu noch ne Hündin sei.

Bekanntlich sind deren heißeste Tage

Für den Besitzer die gröbste Plage.

Ich hab es bis dato noch nicht gewusst

Wozu man fähig mit seiner Lust.

 

Ein Terrier war es, ein schönes Tier

Mit jagdlich wirklich guter Manier,

der schliefte in einen befahrenen Bau.

Der Fuchs saß im Kessel, man hört es genau.

Unser Jäger saß fiebernd an seinem Platz

Und vernimmt aus der Tiefe die hechelnde Hatz

Und wahrte der Beute, Diana ihm winkt,

wenn nur erst der Fuchs aus der Röhre springt.

 

Doch auf einmal wird’s still, aus der Tiefe kein Laut,

so sehnsüchtig man auch auf die Einfahrt schaut.

Und Stunden später, noch immer im Bau

Saß unser Terrier – er ging heim nach der Frau.

Der nächste Tag brachte auch nicht mehr,,

kein Laut aus der Tiefe, alles still und leer.

Die gute Hündin, er gab sie auf,

beim Füchse sprengen, da ging sie drauf.

 

So konnte man in jagdlicher Runde vernehmen

Einen besseren Hund hats bis heut nicht gegeben.

Doch nach zwei Tagen zur Mittagszeit,

man macht sich schon wieder zum Werken bereit,

wer schaut da herein zur Türeschwelle,

wer ist da auf einmal wieder zur Stelle?

Da gibt es bei Gott kein Rätsel zu lösen,

sie war ja zwei Tage im Bau gewesen.

 

Die Zeit strich dahin und mit den Tagen

Vergaß man dieses Erlebnis beim Jagen.

Doch die Hündin nahm zu, bekam mehr Gewicht

Und nach zwei Monaten kam die Sache ans Licht.

Mit Liebe hatte sie nicht gespart

Sich heimlich im Bau mit dem Fuchse gepaart.

Für zwei Tage ging die Hündin verloren

‚ne neue Rasse wurde damit geboren.

Futerrier, den Namen hab’ ich mir gedacht

Für diese so schöne „Hund-Füchsiche“ Pracht.

Was würden die Biologen wohl sagen,

ich glaub, das möchten wir heute nicht fragen.

 

Ach Mensch, kehrst Du zum Affen zurück,

vielleicht liegt dort dein wirkliches Glück.

So hat auch dieser Terrier gedacht

Und ein Spielchen mit der Verwandtschaft gemacht.

Heinrich Schamerloh, Kreuzkrug (1977)

 

Dei Vossjagd

An Christ dän groten Jägersmann

Dor trat sien Knecht dei Fritz heran.

„Bur ik mott jau wat votelnn

gi dröwt oawer nich gliks schelln.

Die Voss hät us Vonacht

oll wier nen Puter stoahln.“

„Denn schall dän Voss dei Düwel hoaln.

Goah hoale mi die Jägers her.“

Christ kreg ollhante sien Gewehr

Un Nummer Dicken, groaben Schroot:

Oh leiwe Voss, dat is dien Doot

Un sung dat Lied worin et heit:

„Halli der Fuchs lässt mir sein Kleid.

Os dat nu siene Olske hört,

do ornt ür dat no wat mallört.

“Oh Christ, wenn ik die singen hör,

denn staht et Unglück vor dei Dür.“

 

Sei draupen sik bi Christ am Doare

Zaas Willem, Bartels und die Koarl van Westernoare.

Doch güngen se erst non Bäcker tau

Un drunken doar nen Glas Chabau

„Zielwoater“ sär dei Christ dortau.

Un no en Schluck, un no en Bier,

die Bartels stünd oll inne Dür:

„Nu drinket ut et wert nu Tied

dei Sünne sitt oll mächtig siet,

un wenn dei Moand is uppegoan

denn mür wi ok an Platze stoahn.“

Christ stellde nu dei Jägers an:

„Du gahst achter gen Hoagen,

du settst di up düssen Woagen,

du gahst in Krüger Appelgoarn,

denn kannst du ok dän Feldweg woarn.

Ik stelle mi an’n Haunerstall.“

Sei han nu schon ne Tied dor stoahn

Die Mond was lange uppegoahn,

dor kam son rord Diert dorher

Christ ret an die Backe sien Gewehr:

Rum-Bumm, Rum-Bumm, dor liegs du nu du Donnerwehr

Du stählst mi keinen Puter mehr.

 

Do treiten ak dei Jägers ran

Un keken sik dat Diert moal an.

Oh Christ, oh Christ bist woll nich ganz gesund,

dat is kein Voss, dat is en Hund.

Dat is dän Schmett sien ror Teckel

Dei kummt di ganz gewisslich upn Deckel.“

Et wurd dän Schmett ock tauedroagen.

Hei woll ok erst dän Christ vokloagen,

doch in des Bäckers besten Stoabn

Dor wurd dei Vossjagd denn begroabn.

Un bi Bier un bi Zigarrn

dor würn et noaher grote Narrn.

Jagereignis in Reimform aus dem westfälischen Nachbarkreis, erhalten und ergänzt von Heinrich Schamerloh, Kreuzkug

 

Unvergessliche Fallenjagd

In einer Nachbarjagd ist mal was passiert,

das hätte sogar Wilhelm Busch inspiriert.

Der heimischen Jäger eiligste Zeit

waren die Füchse im Winterkleid.

Heut muss man es mit der Flinte beweisen,

früher, da fing man in Fallen und Eisen

- nicht nur Füchse, auch manchmal ‚nen Hund

und diese Begebenheit tu’ ich jetzt kund.

 

Wieder ließ man im Tellereisen

Einen Bello ins Jenseits verreisen.

Das kam auch dem Besitzer zu Ohren,

der den Jägern darauf Rache geschworen.

Eines Abend zu später Stunde

Kam dieser heim von gemütlicher Rund.

Weil ihm der Mond hell am Himmel lachte

Und er noch immer der Rache gedachte.

 

Folgte dann den Gedanken die Tat,

hielt er doch extra etwas parat.

Über dem Eisen, man konnt’ es nicht wehren,

wollt er da halt sich hinten entleeren.

Und hat wahrhaftig nicht schlecht gezielt,

Oh – das hat er noch lange gefühlt.

Denn das Eisen mit Blitzesschnelle

Zeigte die krallenbewährten Fänge

 

Und schlug um etwas, ich mag es nicht sagen,

so’n kleines Geschenk, wie nur Männer es tragen.

Was hat der wohl `nen Sprung getan

Als das Ding Besitz von ihm nahm´.

Er hörte bestimmt die Engelein singen

Als seine Glöcklein in der Falle hingen.

Welch Mühe er sich dabei auch gab,

so `ne Klammer hält fest, was sie mal hat.

 

So etwas kann auch nur der ermessen,

der auch schon mal so festgesessen.

Ein Eisen saß fest, zwei hingen noch dran –

So kam er jaulend zu Hause an.

Welch große Müh’ seine Frau sich auch gab,

sie kriegte allein das Dingen nicht ab.

 

Der hilfreiche Nachbar, der hielt nicht dicht

Und so kam die Sache ans Tageslicht.

Und die Pointe von dieser Geschicht’,

man tue dem Nächsten Böses nicht.

Verfasst von Heinrich Schamerloh Kreuzkrug (erzählt 2002)

 

Die Freunde der Jäger

 

 

Pastoren, Jagd und Platt

Der langjährige Pastor von Raddestorf, Herr Mahrenholz, war einst zu einer Jagdgenossenschaftssitzung eingeladen. Leider hatte er sich verspätet und als er eintraf war die Gesellschaft bereits beim Essen. Wie es sich für einen guten Hirten seiner Gemeinde gehört, sah er sich zu einer Erklärung genötigt, wollte aber zugleich etwas besonderes tun und versuchte sich in „Platt“:

Er erklärte seine Verspätung, bedankte sich artig für die Einladung und endete: „Ich hoffe, dat sche jümmer ein gaues Waidmannmannheil hebbt und dat sche im letzten Johr jümmer gaut schietet hebt.“

Das folgende homerische Gelächter führte dazu, dass er sich nie wieder in Platt versucht hat.

 

 

 

 

 

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   Raddestorf
07-03-03