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Marsch, Geest, Börde,
Heide, und Moor. Zusammenstellung kirchner-raddestorf Beginn:
11/02
Hier
soll die Landschaft, ihre Geschichte
und Gegenwart, also einige wichtige prägendende Elemente der in unserem Bereich Wohnenden
vorgestellt werden.
Inhaltsverzeichnis Frühgeschichtliche
Entwicklungsschritte Die
Eiszeit formte die Landschaft. Übersichtsgraphik
Landschaftsentwicklung Wettervoraussagen
nach dem hundertjährigen Kalender von Abt Mauritius Knauer Von
der Naturlandschaft zur heutigen Wirtschaftlandschaft Die
Entstehung von Geest und Marsch im Weserraum Landesnatur
und ihre Entwicklung Von
der Naturlandschaft zur Kulturlandschaft. Typische
Siedlungslage auf der Geest. Das
Moor und der Mensch – Gedichte Grundbesitz
im Moor durch Gemeinheitsteilung Das
Moor aus der Sicht von 1901 Vertragsverlängerung:
Vorbereiten der Abbaufläche Rückentwicklung
der Moore in Deutschland 1850/1980 „Moorfrühling
in Niedersachsen „Des
Ersten Tod, des Zweiten Not, des Dritten Brot“ Meliorationsarbeiten
im Moor 1960 Förderungen
in der Mitte des 19. Jh. Nationalsozialismus
und Landwirtschaft Die
Zeit nach dem zweiten Weltkrieg Öd-
und Moorlandkultivierungen in den Nachkriegsjahren Zur Geschichte des Niedersächsischen
Wappens Geschichte
und Entwicklung des Pferdes im Niedersachsenwappen
Landschaftsentstehung
Vorbemerkung
„Die Einwohner sind durchweg von
ziemlich starkem Knochenbau, erfreuen sich einer guten Gesundheit, leben
einfach und mäßig und sind arbeitsam.“ Heinrich Gade, Historisch-geographisch-statistische
Beschreibung der Grafschaften Hoya und Diepholz, Bd. 2 Nienburg 1901, S. 492.
„Als ursprünglich typische Wesenszüge
und Eigenarten des Niedersachsen, oder besser des Niederdeutschen, werden
immer wieder genannt: eine feste Bindung an die Scholle, ausgeprägter
Individualismus und Selbstbewusstsein bei geringer äußerer und innerer
Bewegtheit, schwer beeinflussbares Festhalten an der einmal gefassten Meinung
("Sturheit"), ein starker Wille und eine schwer zu erschütternde
Beharrlichkeit: "Wir sind die Niedersachsen, sturmfest und
erdverwachsen...", so lautet die bekannte Strophe im
"Niedersachsenlied". Dazu kommen Schweigsamkeit und Abstand gegen
Neues sowohl im Umgang mit fremden Menschen als auch im vertrauten Kreis. In
der täglichen Arbeit herrschen Fleiß und Zuverlässigkeit vor. Eine
vielgebrauchte Lebensweisheit lautet: "Stah fast, kiek wiet un röög
di" ("Stehe fest, schau Dich um und sei tätig"). Und noch ein weiterer Wesenszug ist den Niedersachsen
gemeinsam: der ... stillvergnügte und oft trockene Humor.“ Seedorf, Hans Heinrich und Meyer,
Hans-Heinrich (Hrsg.). Landeskunde NIEDERSACHSEN.
1996
Es ist eine Binsenweisheit. dass Einflüsse des landschaftlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Umfeldes den Charakter, das äußere Erscheinungsbild und Verhalten der Menschen prägen. Landschaftlich waren die Bauern von Marsch, Geest, Moor und Börden durch die dauerhaften Kontakte zu ihrer Umwelt bestimmt, aber auch historische und konfessionelle Traditionsräume haben gewirkt. All dies schafft ein Charakterbild, das man als typisch einer Kulturregion zuordnen kann, wenn man auch feststellen muss, dass durch die erheblichen Zuwanderungen der Nachkriegszeit, vor allem aber durch die ausgleichenden und liberalisierenden Einflüsse der modernen Industrie- und Konsumgesellschaft sich Lebensstile und Eigenarten der Bevölkerung zumindest äußerlich wesentlich verändert haben.
Frühgeschichtliche Entwicklungsschritte
Die Eiszeit formte die Landschaft.
entnommen F. Bomhoff, Voigtei eine
Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989
Vor etwa 600.000 Jahren begann die Eiszeit, in der das Landschaftsbild unserer Heimat geformt wurde. Gewaltige Gletscher schoben sich allmählich von den skandinavischen Gebirgen südwärts und bedeckten Norddeutschland zeitweise mit einer bis 400 m dicken Eisschicht. Auf ihrer langen Reise nahmen sie alles mit, was ihnen im Wege lag. Sie transportierten Gesteine verschiedener Art und Größe und zerrieben sie zu Schutt und Sand. Sie schleppten auch große Felsbrocken mit sich. [....]. Die lange Kälteperiode wurde mehrmals durch Temperaturschwankungen unterbrochen. In den wärmeren Zwischeneiszeiten wichen die Gletscher zurück. Dann schmolzen die am weitesten nach Süden vorgedrungenen Eismassen und ließen den mitgeführten Gesteinsschutt zu Boden sinken. So entstanden die oft über 100 m dicken Grundmoränen mit ihren vorwiegend sandigen, aber auch tonigen und kiesigen Bestandteilen, die Geest. [....] Das Vordringen und Zurückweichen der Gletscher verursachte an ihren Rändern Anhäufungen von Erd und Kiesmassen. Man nennt sie Stirn oder Endmoränen. Dazu gehören der Knappsberg bei Steyerberg und die Uchter Börde. Die Schmelzwasser liefen in vielen Rinnen talwärts und spülten breite Niederungen aus, die zu Flussbetten wurden.
Ausschnitt aus
der Hellerschen Karte, etwa 1925.
In einer späteren Zeit bliesen trockene Winde aus dem Gesteinsschutt und den frei liegenden Sandmassen feine Sandteilchen fort und häuften sie an windgeschützten Stellen zu Dünen auf. Solche feinsandigen Aufwehungen findet man an mehreren Stellen [...] (aus ihnen entwickelten sich die Heidelandschaft). Zu den jüngsten Landschaftsformen unserer Heimat gehören die Moore. Ihre Bildung begann mit zunehmender Erwärmung um 500 v.Chr. Ein hoher Grundwasserstand und ungünstige Abflussverhältnisse trugen zu ihrer Entstehung bei. Absterbende Wasserpflanzen, verschiedene Schilf und Grasarten und Buschwerk sanken auf den Grund der Senken und wurden unter Luftabschluss zu Torf. Zu diesen “Flachmooren” gehören z. B. die Randgebiete des Borsteler Moores. Als das Klima feuchter wurde, breitete sich das Torfmoos aus, das große, schwammige Polster bildete. Es ernährte sich von dem, was Wind und Niederschläge herbeiführten. Auf den abgestorbenen Pflanzen wuchsen immer neue Moospolster, so dass schließlich meterdicke Torfschichten entstanden. Hochmoore waren vom Grundwasser unabhängig. Zu ihnen gehören die Siedener, Borsteler und Uchter Moore.
Dem zurückweichenden Eise folgten die ersten anspruchslosen Pflanzen. Moose, Flechten und niedriges Gesträuch bildeten Kältesteppen, die mit den Tundren im nördlichen Russland vergleichbar sind. Auf ihnen weideten kältegewohnte Tiere wie Mammut und Rentiere, die bereits von umherschweifenden Jägern verfolgt wurden. Skeletteile dieser Tiere findet man noch in den Kieslagern im Weser-Tal. Nach einer Erwärmung siedelten sich anspruchsvollere Pflanzen an. Es entstanden Waldlandschaften, die vielen Tieren Schutz und Nahrung boten. Steinzeitliche Funde beweisen, daß die Menschen ihnen folgten und dass sie auch an den Ufern ... (der Flüsse) lebten. ....(Die) Gewässer waren früher reich an Wassergeflügel und Fischen....
Übersichtsgraphik Landschaftsentwicklung
Landschaftsentwicklung
Marsch-Geest entnommen Tüxen, Vor- und
Frühgeschichte in: 800 Jahre Gemeinde Leese 1983
Das Klima
Beschreibung Gade 1901„Das Klima der Grafschaft entspricht den Breitengraden,
ist gemäßigt und gesund.; Gebirge und Meere liegen ja in solcher Entfernung,
dass sie einen direkten oder speziellen Einfluss auf die Witterung eben nicht
mehr, als überhaupt in dieser Region haben können; doch ist der Südwestwind
vorherrschend und bringt den meisten Regen, weshalb auch die Westseite hier
als Schlagseite bezeichnet wird. Der Ostwind ist indes auch nicht selten und
in der Regel anhaltend mit seiner trockenen, herben Luft und bringt meistens
erst nach längerem Wehen Regen. Der Nordostwind bringt zu Anfang des Sommer
häufig, ja fast regelmäßig, Belästigung durch Moorrauch, welcher auch auf den
Niederschlag nicht ohne hindernden Einfluss ist, daher neben der
Unannehmlichkeit auch schädlich ist. Im Juni ist ohnehin nicht selten Mangel
an Regen, welcher dagegen oft im Juli und später die Ernte stört....Die
größte Wärme bringt das Thermometer nicht leicht über 27 Grad steigend und
die größte Kälte drückt dasselbe selten unter 18 Grad Minus herunter. Die
mittlere Temperatur ist 8-10 Grad und der durchschnittliche Niederschlag 40-45
cm ....“ Heinrich Gade,
Historisch-geographisch-statistische Beschreibung der Grafschaften Hoya und
Diepholz, Bd. 1 Nienburg 1901, S. 20.
Wettervoraussagen nach dem hundertjährigen Kalender von Abt Mauritius KnauerTexte: Deutsches Grünes Kreuz Januar
Das Jahr beginnt
mit kaltem Winterwetter, heftigen Schneefällen und Stürmen. Zwischen dem 21.
und 24. scheint auch mal die Sonne. Doch danach verabschiedet sich der Januar
mit heftigen Niederschlägen und beißender Kälte.
Landschaft und deren Nutzung
Von der Naturlandschaft zur heutigen WirtschaftlandschaftEntw. Seedorf, Meyer, Landeskunde
Das Schaubild wird Sie auf den ersten Blick nicht überraschen – natürlich haben sich die Menschen im Laufe ihrer Geschichte ihre Lebensräume geschaffen, d.h. Wildwuchsflächen zu Nutzflächen gemacht. Immerhin erscheint mir hervorhebenswert, dass in unserem Bereich überwiegend Laubwald vorherrschte, der auf ganze 10 % reduziert wurde, während der eigentlich untypische Nadelwald von ursprünglich 2 auf 11 % gesteigert wurde. Das sicher ein Ergebnis der niedersächsischen Forstpolitik, die inzwischen wieder korrigiert wird. Die gerodeten Flächen sind überwiegend zu Ackerland und Gründland gemacht worden. Dies war an sich ein Prozess, der sich überall bei Kultivierungen abspielen. Interessanter, weil erheblich arbeitsintensiver sind die Ödlandflächen: Aus den ursprünglichen 7 % offener Hochmoorflächen sind gerade mal noch 2 % Moor, Heide und Brachland geworden, ein Zeichen, wie sehr die Menschen gerade hier in Generationen ihrer Umwelt Nutzland abgetrotzt haben – und das bis in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Hoffnungsfroh stimmt allerdings, dass mindestens 86 % unseres Landes offensichtlich noch gering versiegelt ist.
Die Entstehung von Geest und Marsch im Weserraum
Landesnatur und ihre Entwicklunggekürzte Darstellung von Dr. Jes Tüxen
in Chronik Leese, S. 15-22 Vor 20000 Jahren
lag nördlich Hamburg noch ein riesiger Gletscher, der über die Ostsee
geschlossen und in breiter Front nach Mecklenburg und Schleswig-Holstein
vorgedrungen war. An ihrer Vorderkante war die Eisdecke wohl noch an die 100
m dick. Ein zweiter, sehr viel kleinerer Gletscher lag auf dem Oberharz, von
dem kurze Gletscherzungen in die Täler vorstießen. Das Klima war zu der Zeit
auch im Sommer so kalt, dass nur an wenigen windgeschützten Stellen mit nicht
zu langer und nicht zu kurzer Schneebedeckung eine lockere und niedrige
Pflanzendecke leben konnte. Diese der heute im Nordpolargebiet lebenden
ähnliche Tundravegetation ernährte Mammute, die großen langhaarigen
Elefanten, deren Zähne immer wieder in den Kiesgruben des Wesertales gefunden
werden, Wollhaarige Nashörner und vor allem riesige Herden von Rentieren,
denen damals schon die Menschen nachstellten. Von diesen Rentierjägern sind
Lagerplätze am Steinhuder Meer, an der Weser um Leese herum jedoch noch keine
Spuren gefunden worden. Weil die
Pflanzendecke der nicht vereisten Tundra so lückenhaft war, konnte infolge
des täglichen Wechsels von Frieren und Auftauen während des größten Teiles
des Jahres das nackte Gestein des Weserberglandes sehr leicht verwittern.
Regen, Bäche, schließlich Quell u. Nebenflüsse der Weser nahmen das lose
Material mit. Auch die lockeren Böden des Flachlandes wurden durch gleiche
Erosionsvorgänge abgetragen. Bei jedem Hochwasser brachte die Weser, die in vielen
Armen durch unser Gebiet floss, große Mengen von Sand und rundgerollten
bunten Kiesel mit, wie man sie heute noch im Sommer am Weserufer auflesen
kann. Während einiger
10000 Jahre, d.h. während der ganzen letzten Einszeit, hatte die Weser auf
diese Weise eine bis zu 10 m mächtige sandig kiesige Schotterdecke
abgelagert, auf der sie selbst floss[...]. Eine eingetiefte „Marsch“, wie man
im Lande sagt, gab es nicht. Da in unmittelbarer Flussnähe die Schleppkraft
des Flusses bei Hochwasser am größten ist, konnten hier auch die meisten und
gröbsten Mitbringsel abgesetzt werden. So entstand ein sehr breiter .... sog.
Terrassenkörper, der in seiner Mitte, in der Nähe der Stromarme, deutlich
höher war als an seinen Rändern. Im örtlichen Sprachgebrauch wird diese
Landschaft als Geest bezeichnet. [...] Wo überwiegend
feine Sande abgelagert wurden, konnte der Wind diese in dem weitgehend
vegetationslosen Lande zu Dünen und Dünenkomplexen zusammenwehen, die häufig
von späteren Menschengenerationen in Sandgruben abgebaut wurden. Die Dünen
der Osterberge und östlich davon sind in dieser Zeit entstanden. Nach zwei kürzeren
Vorstößen des Waldes aus dem wärmeren Süden wurde es um 8200 v. Chr. auch in
Mitteleuropa so warm, dass sich das ganze Land mit Wald bedeckte. Zuerst
erschienen die Birken, denen sehr bald die hierzulande Fuhren genannten
Kiefern nachfolgten und sie schließlich ablösten. Die während der langen
waldlosen Zeit so starke Flächenerosion und der Abtransport des Materials im
Fluss ging nach der Bewaldung sehr zurück, ebenso die Dünenbildung. Die Weser
in ihren zahlreichen, immer wieder einen neuen Lauf suchenden Armen begann
jetzt, sich einzuschneiden und räumte dabei den während der Kaltzeit
abgesetzten Schotterkörper strichweise aus. Die Inseln zwischen den
Flussarmen, die seit Menschengedenken „Werder" heißen, wurden bei den
alljährlichen Hochwässern ebenfalls abgehobelt, wobei die Sande und Kiese oft
mehrfach umgelagert wurden. Im Gegensatz zu den heute weithin ebenen
Oberflächenformen der Marsch waren die Höhenunterschiede zwischen den
höchsten Stellen der Werder und dem sommerlichen Uferniveau der Flußarme
größer und das Relief sehr viel unruhiger. Auf den sandigkiesigen, im Sommer
häufig trockenen Böden siedelte sich ein Kiefernwald wie auf der Geest an. Der Fluss
transportierte jetzt nur noch ein sehr feines lehmiges Material während der
Hochwässer, das an den tieferen Stellen von nun an bei jeder Überflutung in
einer sehr dünnen Haut als sog. Auelehm abgesetzt wurde. 500 Jahre nach
Beginn der Eintiefung der Marsch mit fortschreitender Erwärmung des Landes
wanderten in der Marsch die ersten Eichen zusammen mit Eschen, Ulmen und
Linden nach Norden. Sie bildeten auf den Auelehmböden einen geschlossenen
Wald, der nach außen, d.h. gegen die Flussarme, durch ein Haselgebüsch
abgeschlossen wurde. Auch die flachen Kiesbänke, die als Inseln immer wieder
im Strom entstanden, trugen solche Haselgebüsche. Auf den höheren Werdern mit
ihren reinen Sand und Kiesböden herrschte dagegen der Kiefernwald
unangefochten weiter. Dieser älteste Auelehm wurde im Laufe von Jahrhunderten
und Jahrtausenden fast überall wieder vom Fluss ausgeräumt. Als die Menschen
im Oberlauf der Weser und an ihren Quell- und Nebenflüssen sesshaft wurden
und erste Äcker meist auf geneigten Hängen anlegten, konnte durch den Regen
wieder mehr feines Bodenmaterial in die Bäche und weiter in die Weser
gelangen, die jetzt verstärkt Auelehm ablagerte. Die eigentümlich rötliche
Farbe des Weserauelehms stammt aus der Verwitterung des im südlichen Niedersachsen
verbreiteten rotbraunen Buntsandsteins. Im Laufe der Jahrtausende wurden
schließlich fast alle Werder von Auelehm überkleidet, so dass der Kiefernwald
schließlich ausstarb und von jüngerem Eichenmischwald ersetzt wurde. Der
Haselauenwald der Flußufer verschwand ebenfalls und wurde spätestens seit 700
v. Chr. durch die Baum und Strauchweiden ersetzt, die heute noch stellenweise
das Flussufer säumen oder entlang der ehemaligen Flussschlingen aufgereiht
sind. Die Zahl der
Überflutungen der Marsch muss früher viel größer gewesen sein als ...(vor
noch nicht allzu langer Zeit. ) Nach jeder
Überflutung waren der Boden und die Grashalme mit einer mehrere mm starken,
rötlichbraunen, weichen Lehmschicht überzogen, die beim Trocknen schrumpfte.
Pro Jahr kann man – bei oftmals mehreren Hochwässern – mit etwa 23 mm Auelehm
in abgetrocknetem Zustand rechnen. Das ergibt zwischen 20 u. 30 cm in 100
Jahren. ... Bei Hochwässern ist die Strömungsgeschwindigkeit in den
eigentlichen Flussarmen, gleich ob noch durchflossen oder stillgelegt, am
größten. Die mitgeschleppten feinen Lehmteilchen bleiben hier in der Schwebe
und können nur außerhalb im Bereich langsam fließenden oder stehenden Wassers
absinken. Andererseits können schwerere Sandkörner oder gar Kiese nur bei
starker Strömungsgeschwindigkeit aus dem Flussbett herausgeschafft werden, so
dass sie in unmittelbarer Nähe des Flussbettes abgesetzt werden. Daher ist
die Wesermarsch unmittelbar am Flussbett bzw. an den Flussbetten am höchsten,
d.h. der Fluss fließt immer auf der höchsten Stelle der Marsch. Die
flussfernen Ränder der Marsch liegen am tiefsten und sind von hochanstehendem
Grundwasser beeinflusst. ... Hier wurden die sonst herrschenden Wälder der
Aue um 6.250 v. Chr. durch Erlenbruchwälder ersetzt... Die Umlagerung von
Bodenmaterial ging auch nach der vollständigen Bewaldung in geringerem Ausmaß
weiter. Die Schlingen der Flussarme drücken stets nach außen, unterspülen die
Prallhänge und lagern auf der Innenseite, dem Gleithang, das Weggerissene
weiter flussabwärts wieder an. Als Ergebnis all dieser Jahrtausende
anhaltenden Umlagerungs- und Ablagerungsvorgänge ist auch heute noch die
Oberfläche der meist unter Auelehm verborgenen Sande und Kiese sehr
unausgeglichen. [...] Alle diese
Vorgänge, regelmäßige Hochwässer, Abtrag, Aufhöhung, Verlagerung von
Flussbetten, waren über neun lange Jahrtausende in der Marsch voll wirksam,
bis der Mensch mit ersten Flusskorrekturen anlässlich der Gründung von
Stolzenau in dies Geschehen eingriff. Die Überflutungen waren indirekt der
Anreiz für den ackerbautreibenden und viehzüchtenden Menschen, sich entweder
direkt in der Marsch oder doch oben auf der Geestkante anzusiedeln (vgl. S.
24), weil die alljährliche Ablagerung von fruchtbarem Auelehm gleichzeitig
eine natürliche Düngung war, wie sie der Mensch damals nirgendwo besser haben
noch selber bewirken konnte. Ab etwa 1850 begann man, den Strom mit Hilfe von
„Schlengen", wie die buhnenartig in den Fluss gebauten Steindämme
heißen, am Weiterwandern zu hindern. In unserem Jahrhundert wurden dann zur
Beschleunigung der Schifffahrt viele Flussschlingen durch Kanäle
abgeschnitten und Staustufen eingerichtet. Deichbauten haben inzwischen die
winterlichen Überflutungen und damit die Auelehmablagerung fast verhindert. Auf der Geest hat
sich seit der Eintiefung der Marsch im Gegensatz zu den in Wirklichkeit zwar
langsam ablaufenden, aber in der Rückschau doch vielfältigen und kraftvollen
Geschehen in der Marsch wenig und vor allem kaum so Spektakuläres ereignet.
Die Oberflächenform der Geest, d.h. der eiszeitlichen Weserterrasse,
entspricht deutlich dem heutigen Aufbau der Marsch. Die marschnächsten, d.h.
ursprünglich flussnächsten Teile der Geest liegen etwa 3 m höher als die 5 km
entfernten, grundwassernahen Flächen in Meerbachnähe. Sie sind entsprechend
den flussnahen Teilen der Marsch viel höher aufgeschottert worden. Auch fällt
der Terrassenkörper nach Norden mit der bergabfließenden Weser, die ihn
aufgeschüttet hat, gleichmäßig ab. ... Infolge dieser Schräglage der Geest
verlaufen die vielen kleinen Bäche, die aus zahlreichen Quellen auf den nicht
allzu hoch liegenden Geestteilen entspringen, ohne Ausnahme nach Norden bis
Nord-Nordosten. ... All diese Bäche mit ihren schmalen Tälchen heißen im
Volksmund „Rieden" (von altsächsisch „rith" oder „ritha" =
Bach [Laur 1960]). Wo sich die Rieden in Meerbachnähe vereinigen und wieder
trennen, umfließen sie größere und kleinere Geestinseln, die „Hörste"
genannt werden. Der Ausdruck ist weiblichen Geschlechts, es heißt also „die
Habichtshorst", „die Rohlshorst" usw. Von der Marsch
ausgehend, wo sie schon 7700 v. Chr. eingewandert war, besiedelte die Eiche
um 6250 v. Chr. auch die Geest und drängte die Kiefernwälder auf die Dünen
zurück, wo sie sich wohl bis in unsere Zeit erhalten haben. Alles übrige Land
wurde nun zu reinem Eichenwald, der erst im Laufe des 3. Jahrtausends v. Chr.
durch die Buche bereichert wurde. In den nassen Rieden stellte sich
gleichzeitig mit der Eiche die Erle ein und bildete Bruchwälder, die viel
später vom Menschen in Wiesen umgewandelt wurden. Erste deutliche
Veränderungen dieses Bildes traten kurz vor Christi Geburt auf, als der
Mensch größere Flächen besiedelte und beackerte. Zu dieser Zeit werden auch
schon einige Heiden im Osterberggebiet oder in der Bollheide bestanden haben.
Sie sind durch Beweidung mit Großvieh, Ziegen und Schafen aus den
Eichenwäldern hervorgegangen und durch weitere Beweidung von erneut
aufkommendem Baumwuchs freigehalten und damit erhalten worden. [...] In all den
Jahrtausenden vor dem stärkeren Eingriff des siedelnden und Landwirtschaft
treibenden Menschen war die Gegend um Leese wie weithin sonst ein reines
Waldland, durch das sich größere und kleinere Flüsse schlängelten. Nur
östlich Landesbergen lag ein kleines baumfreies Hochmoor. Größere Flächen
östlich des Meerbaches und weiter entfernt im Uchter Raum wurden ebenfalls
von Hochmooren bedeckt. Wenn es auch in den Wäldern der Marsch und der Geest
manchmal bunte Blumen in größerer Zahl gab, so war doch diese Urlandschaft im
Vergleich zu der vom Menschen gemachten von einer unglaublichen Eintönigkeit.
Erst als der Mensch Äcker, in denen blaue Kornblumen und roter Mohn wuchsen,
und Wiesen angelegt hatte, die zu jeder Jahreszeit wechselnde, aber immer
farbige Bilder zeigten, entstand eine Landschaft, die mit ganz bestimmten
Haus, Hof und Dorfformen für das Mittelwesergebiet für lange Jahrhunderte
kennzeichnend war. Der Wechsel von Wald, Heide, Grünland, Acker und Dorf auf
engem Raum, in dem alle Landschaftsformen wegen der wildwachsenden „Unkräuter"
von einer ausgeprägten Farbigkeit waren, machte die Landschaft ausgesprochen
schön. Heute, nach nur Jahrzehnte langem Einsatz von modernen
landwirtschaftlichen Methoden, ist die Schönheit wie die unverwechselbare
Eigenart der Landschaft in ein monotones Grün – wo sie noch nicht ganz
zubetoniert ist – übergegangen...
Nutzung der LandschaftVon der Naturlandschaft zur Kulturlandschaft. Die Besiedlung
zwischen graswüchsiger Niederung und ackerfähigem Esch (Grundmoränenrücken
mit Geschiebedecksand und Plaggenauftrag, vgl. Abb.61) (n. Siebels 1985, verändert Seedorf,
Meyer, Landeskunde Die Marsch: Anbau um 1900Heinrich Gade,
Historisch-geographisch-statistische Beschreibung der Grafschaften Hoya und
Diepholz, Bd. 1 Nienburg 1901, S. 22. In der Marsch werden vorzugsweise gebaut: Weizen (Winterweizen), Gerste, Hafer, Grauzeug (weiße, grüne, graue, gelbe und Pollerbsen, kleine Bohnen, Pferdebohnen, Wicken), Rübsamen, Klee (roter und weißer), Runkelrüben, weißer Kohl, Kartoffeln
Die Geest: Anbau um 1900Heinrich Gade,
Historisch-geographisch-statistische Beschreibung der Grafschaften Hoya und
Diepholz, Bd. 1 Nienburg 1901, S. 22. ...auf der Geest (werden überwiegend gebaut): Sommerweizen, Roggen, Hafer, Buchweizen, Erbsen (Garten- und Felderbesen), große Bohnen, Bietsbohnen (Stangen- und Zwergbohnen), Lupinen (seit 1841), Tabak (obere Wesergegend), Cichorie, Kartoffel, Rüben (Zucker-, Stoppel- und Steckwüben), Kohlrabi, Rettich, Meerrettich, Radieschen, weißer, roter und Savoyerkohl, schlichter und krauser brauner Kohl, Flachs, Hanf(wenig), Mohn, Senf, Spargel, Gruken...“
Typische Siedlungslage auf der Geest.(Grundmoränen und
Auenorientierung) Die Auenorientierung der Siedlungen ist ein Grundprinzip
der Dorfanlagen auf der Geest und darüber hinaus auch in anderen
Landschaften. Die Häuser lagen alle einige Meter erhöht am Rande der nassen
Talaue zwischen den trockenen Ackerböden und dem feuchten Wiesenland, in der
Regel mit dem Einfahrtstor zum Ackerland und damit zum Verbindungsweg zeigend,
der parallel zum Tal verlief. Geologisch ist das die Mittellage zwischen der
saale-eiszeitlichen Grundmoräne (Geschiebelehm) und der nacheiszeitlichen,
häufig etwas vermoorten Talaue. Die Häuser standen am Talrand auf der
weichseleiszeitlichen Niederterrasse auf trockenem Baugrund, in dessen
Untergrund ein frisches Trinkwasser talwärts floss, das durch Brunnen oder am
unteren Talrand durch Quellen leicht zu erschließen war. (Schema Seedorf, Meyer, Landeskunde Die Bördewird weiter
bearbeitet
Moor. und Heide- NutzungHermann Husmann in Geschichte des
Kirchspiels Borstel, Hrsg. Heimatverein Borstel 1990 „... Es wäre den
Menschen in früherer Zeit wohl kaum möglich gewesen, hier auf dem kargen,
sandigen Heideboden ohne das Moor Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Auf
jedem Bauernhof wurde eine Schafherde gehalten, die zum Teil auch im Moor ihr
Futter fand. Die Schafe waren wichtig als Woll-Lieferanten für die Kleidung.
Das schmackhafte Fleisch diente der Ernährung, und durch den Verkauf einer gewissen
Stückzahl brachten sie auch bares Geld ins Haus. Ein sehr wichtiger Faktor
der Schafhaltung war aber der Dünger, der dabei anfiel. Ohne den Schafmist
wäre der Anbau von Getreide und Hackfrüchten kaum möglich gewesen; denn
industriell hergestellte Düngemittel kannte man noch nicht.“
Schafe
waren die wichtigsten Kulturpfleger für die Landschaft: durch ihren Verbiss
an Heide und Moorbirken sorgten sie für Verjüngung und Erhalt der Landschaft.
1960er Schäfer Weking (Hauskämpen)Bildersammlung Wiehe in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in
Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996 1950er Eintrieb in die Winterstallentnommen F. Bomhoff, Voigtei eine
Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989 Schafstall bei HoysinghausenBild entnommen: Kreisausschuss des
Kreises Nienburg (Hrsg.) Heimatbuch des Kreises 1936 1960er Bienenstöcke der Wekings (Hauskämpen)Bildersammlung Wiehe in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in
Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996
Das MoorDas Moor und der Mensch – GedichteDor lat’n liggenAuszug
aus einem Gedicht von Hedi Knoop, das das Begräbnis des Herrn Ltn. Haustätte
im Jahre 1929 im Darlatener Moor beschreibt. Veröffentlicht wurde es in ihrem
Büchlein „Torfgeschichten“, eines von vielen wunderschönen
Veröffentlichungen, die die Heimatschriftstellerin zu unseren Raum verfasst
hat. ... eines Sommertages
dann, da hielt das Moor den Atem
an; denn siehe, in der
Morgensonne schritt eine schweigsame Kolonne, die schleppte durch den
Sumpf, den weichen, den großen, schweren Sarg
aus Eichen: sechs Knechte, wortlos,
grau und hager und einer wie der andere
mager. Im Sarg ihr Herr war hart
gewesen, er kehrte mit dem
Eisenbesen, es gab viel Schelte, wenig
Brot... Ach ja, nun war er aber
tot. Vorgestern auf dem
Sterbebette sprach er: „Tragt mich zur
Ruhestätte ins Große Holz im Uchter
Moor, und tragt mich gut, seht
euch ja vor!“ Der Herr war schwer, die
Knechte keuchten, sie rutschten auf dem
Grund, dem feuchten, und stolperten von Bült zu
Bülte, bis sich der letzte
Holzschuh füllte. Sie rasteten und sah‘n
sich an: Wie weit war‘s jetzt noch
bis zum Tann? „To
to“ mahnt Voss, „wie hebbt keen Tiet, un bett na‘n Holte is noch
wiet“. So haben sie sich
abgeschunden, bis in die heißen
Mittagsstunden. Doch dann, nicht weit von
ihrem Ziel, da stolperte Hein Voss und
fiel und rutschte samt dem
Totenschrein gar tief in den Morast
hinein... Die Kumpels zogen mit viel
Müh den Alten aus der braunen
Brüh. Herrje, der Sarg wollt
auch versinken! Darf denn ihr Herr im Moor
ertrinken? Befahl er doch die
Ruhestätte im Holz und nicht im
schlam‘gen Bette. Hein Voss zerrunzelt seine
Stirn, so manches schießt ihm
durchs Gehirn. Die Hose klebt ihm an den
Beinen, der Holzschuh hat er nur
noch einen... Nein, der da hat genug
befohlen, nun soll ihn hier der
Teufel holen. „Dor lat n liggen“ spricht
Hein Vossen, „Min Gott, wat sin wi doch
för Ossen! Wütt wie den Kerl nan
Holte drägen? Het
he uß jetzt noch wat to seggen?“ „Do lat n liggen!“ rufen
alle, und frei sind sie mit
einem Male. So haben sie den harten
Sassen im Uchter Moor versinken
lassen und sind dann ohne Angst
und Bangen als freie Männer
heimgegangen. „Dor lat n“ – dieses
wackre Wort bezeichnet heute noch
diesen Ort. Moorbeschreibungen
„Moorfrühling“ in NiedersachsenMargarete Bink in Niedersächsischer
Jäger 12/2001 Niedersachsen war einmal das moorreichste Land Mitteleuropas. Die Moore konzentrierten sich in einem Streifen südlich der Nordsee, zwischen Elbe und der holländischen Grenze. Von den einst ausgedehnten Moorkomplexen sind heute nur noch kleine Restbestände in halbwegs naturnahem Zustand erhalten. Hochmoore sind nährstoffarm und leben von Niederschlägen. Sie sind dürftig in der Vegetation, unabhängig vom mineralischen Untergrund und mit Wasser vollgesogen wie ein Schwamm. Niedermoore dagegen liegen im Einflussbereich des Grund- und Oberflächenwassers. Sie sind relativ nährstoffreich und begünstigen ein vielfältiges Tier und Pflanzenleben. Während demgegenüber in Hochmooren nur wenige, dafür aber hochspezialisierte Pflanzen- und Tierarten vorkommen. Für ihre Entstehung benötigten die Hochmoore Jahrtausende, denn ihr Wachstum vollzog sich sehr langsam. Da die Torfmoose in ihren Zellen große Wassermengen speichern können, sind die Moore wertvolle Wasserreservate im Naturhaushalt. Doch menschliches Zweckdenken schuf im Zeitalter des Fortschritts Entwässerungsprogramme zur Urbarmachung nutzlosen Brachlandes. Was anfangs noch durch mühevollen Handtorfstich der Moorsiedler an Moorflächen langsam verloren ging, schrumpfte später durch maschinelle Abtorfung industrieller Betriebe schnell auf einen Bruchteil der ehemaligen Flächen zusammen. Pulsierendes Leben Die Eingriffe in die Natur bedrohen auch unsere Vogelwelt, da damit der Lebensraum zerstört wird. Besonders die Watvögel wie Brachvogel, Uferschnepfe, Rotschenkel, Bekassine und Kampfläufer, die mit ihren langen, tastempfindlichen Schnäbeln stochernd im weichen Boden nach Nahrung suchen, sind an Feuchtgebiete gebunden. Wird ihnen der Lebensraum genommen, wandern sie ab oder sterben aus. Aber auch zahlreiche andere Vogelarten sind auf feuchte, wasserreiche Areale angewiesen. Durch
„fortschrittliches Denken“ der Menschen entstanden Entwässerungsprogramme zur
Urbarmachung nutzlosen Brachlandes – der Moore. Auf den trockengefallenen
Flächen siedelt sich als Pioniergehölz unter anderem die Birke an.
Im Schutz der Ruhe, die das schlecht begehbare Gelände mit sich bringt, pulsiert vom Frühjahr bis zum Spätherbst in den Mooren ein vielfältiges Tier und Pflanzenleben. Ein Heer von Zugvögeln sucht auf seinem Weg nach Norden in diesen Ruhezonen rastend nach Nahrung. Zu den ersten Frühlingsboten, die aus dem Winterquartier heimkehren, zählt der Kiebitz. In wuchtelndem Flug grenzt er sein Revier ab. Schon bald beginnt er mit der Brut und die vier dunkel gefleckten Eier im Gelege zeigen stets mit der Spitze zur Nestmitte. Charakteristische Laute der Moornatur sind die wundervoll melodischen, lang gezogenen Triller und Rufe des Großen Brachvogels. Auch der eindrucksvolle Warnruf der Uferschnepfe ist in dieser Landschaft nicht zu überhören – das Meckern. Eng mit dem Moor verknüpft ist auch das Leben des Südlichen Goldregenpfeifers, der vom Aussterben bedroht ist. Die Sumpfohreule, die im lautlosen Flug dahingleitet, ist in ihrer Lebensweise ebenfalls an feuchte Biotope gebunden. Im Schutz der Einsamkeit Das Moor ist reich an Stimmen und Leben. Lerchen und Wiesenpieper wetteifern mit ihrem Gesang und geben zusammen mit anderen Sängern ein faszinierendes Vogelkonzert. Seltene Libellen tanzen über dem Ödland auf und nieder und die Kreuzotter schätzt an warmen Tagen ein Sonnenbad vor ihrem Schlupfwinkel. Im Randbereich des Sumpfgebietes hält sich gern der Moorfrosch auf.
Die Schönheit des
Moores offenbart sich erst dann richtig, wenn bei leichtem Wind ein Meer von
fruchtenden Wollgräsern zu wogen beginnt. Photo Margarete Bink
So sind diese Einöden der beste Schutz für viele seltene Tierund Pflanzenarten, die in unserer Kulturlandschaft keine andere Lebensmöglichkeit mehr finden. Mit fortschreitender Jahreszeit entfalten die verschiedensten Pflanzenarten ihre Blüten und locken die Insekten an. Doch die Schönheit der Moornatur wird erst richtig offenbar, wenn bei leichter Brise ein Meer von fruchtenden Wollgräsern zu wogen beginnt. Zu dieser Zeit sind die meisten Jungvögel schon geschlüpft und wachsen schnell heran, denn es dauert nicht lange und die große Reise in den Süden beginnt. Eine Vogelart nach der anderen verlässt das Brutgebiet und es wird still im Moor. Ein herausragendes Gebiet für Brutvögel der offenen Hochmoor, Heide und Feuchtwiesenlandschaft ist der Naturraum Diepholzer Moorniederung zwischen Dümmer und Weser. Er hat eine Gesamtgröße von ca. 105000 ha. Davon sind ca. 24000 ha Hochmoore (ohne Dümmerregion), ca. 15000 ha Feuchtgebiete mit internationaler Bedeutung, ca. 13600 ha Naturschutzgebiete (NSG) und insgesamt ca. 30000 ha naturschutzwürdige Fläche. Bereits 1972 fanden sich Naturschützer zusammen, um Regenerationsmaßnahmen auf abgetorften Moorflächen in der Diepholzer Moorniederung durchzuführen und die ökologische Situation der letzten Hochmoorbereiche zu stabilisieren. Regenerationsmaßnahmen:
durch die Wiedervernässung ehemals trockengelegter Moorflächen stirbt die
Birke. Photo Margarete Bink
Sie gründeten die Faunistische Arbeitsgemeinschaft Moore (FAM), die bis heute besteht. Seit den mühevollen, arbeitsreichen Anfängen dieser Interessengemeinschaft hat sich durch Pflegemaßnahmen, Wiedervernässung trockengelegter Hochmoorbereiche, Entbirken und Entkusseln degenerierter Moore, Bestandsaufnahmen von Fauna und Flora, Abflämmen von Moorflächen und vielen anderen Arbeitseinsätzen im Laufe der Jahre mancher Erfolg eingestellt.
wird
fortgesetzt... Grundbesitz im Moor durch Gemeinheitsteilungentnommen F. Bomhoff, Voigtei eine
Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989 „[...] Den Mooren maß man vor 500 Jahren wenig Wert bei. Sie konnten den Wege-Unkundigen sogar gefährlich werden. Deshalb mied man sie. Erst als zu Ende des 16. Jahrhunderts großer Mangel an Brennholz auftrat und nach neuen Weideflächen gesucht wurde, wiesen die Ämter den Bauern “Plaggen” zum Torfstiche an. Heidhieb und Weide wurde ihnen gestattet, da dadurch der Viehbestand vergrößert werden konnte, während für die Zuweisung eines “Plaggens” eine Gebühr erhoben wurde. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hat sich das Landschaftsbild zwischen Aue und Moor entscheidend verändert. Die Gemeinheiten hatten oft Ärger gemacht, denn jeder wollte sie nützen, aber keiner sie hegen. Als man erkannte, dass der Bauer nur bereit war, seinen Besitz pfleglich zu behandeln, kam es zu dem Gesetz über die “Gemeinheitsteilung für die Grafschaften Hoya und Diepholz” des Jahres 1824, das mit der Privatisierung vernachlässigter Heide und Moorflächen auch die Rechte aufhob, die die Hude und den Heid- und Plaggenhieb betrafen. Der Aufteilung der Gemeinheiten gingen langjährige Verhandlungen voraus. Dem Antrag auf eine Generalteilung – das war die Teilung des Gemeinbesitzes unter mehreren Ortschaften – folgten Vermessung, Kartierung und Bonitierung. Die Zuteilungen erfolgten unter Berücksichtigung der alten Rechte und der unterschiedlichen Bodenarten sowie der Festlegung eines neuen Wege und Grabennetzes. [...]Die Bewertung dieser Fläche geschah nach “Kuhweiden”. Darunter verstand man eine Weide, die zum Unterhalt einer Kuh erforderlich war. Man rechnete dafür fünf Morgen Heide oder vier Morgen Angerboden und schätzte, dass der “Brand” 226 Kühen ausreichend Futter geben könne. “Der Brand ist eine fast ebene Fläche mit Anger und
Heideboden. Er ist bei nasser Witterung oft überschwemmt und deshalb eine
schlechte Weide. Im Innern ist er teils sandig, teils moorig.” 1886 wurde das Siedener Moor unter seinen Nutznießern geteilt. Dazu gehörten Klein-Lessen, Sulingen, Maasen, Borstel, Pennigsehl und die in der Ortschaft Voigtei vereinigten Bauerschaften. Von den 1313 ha Land waren 1023 ha Moor, 245 ha Heide und 45 ha Anger. 726 ha der Moorfläche erschienen abbauwürdig. Um ihre Bonität feststellen zu können, wurde die Mächtigkeit der Moorschichten geprüft, die ja nicht gleich dick waren. Man setzte den Heizwert von drei braunen gleich dem von vier weißen oder zwei schwarzen Torfsoden. Auch das nasse Moor stellte einen Wert dar. Bei der Teilung fielen 234 ha an Stelle, 228 ha an Heide und 87 ha an Oldenburg. Davon waren 2/3 Weideboden und 1/3 Torfboden. Auch hier folgte der Generalteilung die Spezialteilung. [...] Es darf aber nicht vergessen werden, dass dem Gewinn von zunächst ziemlich wertlosem Land auch Unkosten folgten. Die Kosten der Vermessungen und Bewertungen sowie die Verpflichtungen für Wege, Gräben und Brücken fielen den neuen Eigentümern zu.“ Das Moor aus der Sicht von 1901Heinrich Gade,
Historisch-geographisch-statistische Beschreibung der Grafschaften Hoya und
Diepholz, Bd. 1 Nienburg 1901, S. 21f. Als zu den Brenzen gehörend, obgleich zunächst aus Pflanzenstoffen gebildet, möchte allein der Torf zu nennen sein.. Dieser, oder vielmehr das Material dazu, kommt hier aber auch in großem Umfang und fast unerschöpflichen Massen vor und bildet das Hauptbrennmaterial für den Hausgebrauch..... Die vielen und z.T. großen Moore im Hoyaschen enthalten noch großen Reichtum an Material zu Torf, und wird bei zweckmäßiger und ökonomischer Benutzung desselben, wobei auf die Möglichkeit der Wiedererzeugung in feuchten und geeigneten Lagen und Gegenden Bedacht genommen wird, noch in Jahrhunderten ein Mangel daran nicht eintreten, da ohnehin die Steinkohle immer mehr Verwendung findet, und damit der Konsum an Torf immer geringer wird, abgesehen von dem schon gemachten und ohne Zweifel noch weiter eintretenden Verbesserungen in den Feuerungsanlagen und den Erfindungen zum Zwecke der Einsparung von Brennmaterial.... Der Torf wird in verschiedener Weise und Qualität gewonnen, hergestellt und benutzt, nämlich als Stech-, Bagger-, Luffen-, Wiesen-, Sand-, Heide-, Maschinen-, Streutorf etc. Wiese-, Sand-, und Heidetorf nennt man auch Schollen und sind die abgeplaggete moorige obere Erdrinde. Der Torf wird außer zum Brennen in neuerer Zeit zu vielen anderen Zwecken verwende, z.B. als Streu- und Verpackungsmaterial....... Auf dem Moorlande (werden vorzugsweise angebaut): Roggen, Hafer, Buchweizen, Spörgel, Kartoffeln.“
Nachfolgend
einen prägnanten, vom eigenen Erleben geprägten Bericht aus einer der bislang
erarbeiteten Chroniken, den ich mit Bildmaterialien aus den übrigen Vorlagen
illustriert habe, um dem Unkundigen eine Vorstellung von der unendlich
mühsamen und kräftezehrenden Arbeit zu vermitteln:
Torfstechen im Borsteler MoorHermann Husmann in Geschichte des Kirchspiels Borstel,
Hrsg. Heimatverein Borstel 1990 Das Moor wird von
vielen Menschen als ein unwirtliches, unheimliches Gebiet angesehen. Wer aber
am Moor aufgewachsen ist, sieht das ganz anders. [....] Als Einstreu für
den Schafstall verwendete man mit Vorliebe Moorplaggen, weil damit viel Humus
in den Boden kam. Die Einstreu für die Rinderställe kam auch zu einem großen
Teil aus dem Moor: Heide, Riedgras usw.. Ein wichtiges Produkt aus dem Moor
war der Brenntorf. Die hiesige Bevölkerung benutzte in alter Zeit z. T. auch noch bis nach dem Zweiten
Weltkrieg – zum Beheizen des Stubenofens und für das Herdfeuer nur Torf. Für
den Herd brauchte man fast ausschließlich Weißtorf, während der Stubenofen
mit Schwarztorf geheizt wurde. Ein Stück Weißtorf, mit einem Schuss Petroleum
getränkt, brachte das Heizmaterial schnell in volle Glut. Der Weißtorf ist die
jüngere obere Schicht des Moores, während der Schwarztorf bei uns etwa in
einer Tiefe von einem Meter beginnt. Er hat den höheren Heizwert. Folgende
Geräte wurden beim Torfstechen gebraucht: Die Werkzeuge des TorfstichsPferde-Schuh, Torfmesser und Torfspaten in Geschichte des Kirchspiels Borstel,
Hrsg. Heimatverein Borstel 1990 Ein Haumesser,
Torfspaten, Schaufel, Spaten, Quicke, Schöpfeimer mit Stiel und die platte
Torfschiebekarre, deren eisenbeschlagenes Holzrad mit einem Strohseil
umwickelt war, damit das Rad nicht so tief in den Moorboden eindrückte. Arbeiten im MoorIn vielen Gesprächen erzählen die Älteren von ihren Erfahrungen, Erlebnissen und Erinnerungen in und um das Moor. Kaum einer zeichnet sie auf und wenn die letzten der Menschen in unserem Raum verstorben sind, dann vergeht dieser Lebensabschnitt. Das Moor verbleibt für die Nachwachsenden vielleicht noch ein schöner Naturraum, der nichts mehr zu sagen weiß von den Entbehrungen, den Arbeitsqualen und dem Elend der meist bitterarmen Menschen, die sich ihren Brennstoff auf eigenen kleinen Flächen selbst herstellen mussten. Bis in die sechziger Jahre hinein, manchmal sogar bis in die 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gingen die Menschen unseres Raumes „ins Moor“. Erst das Aufkommen der Ölheizungen und die anfänglich noch sehr günstigen Preise ermöglichten ihnen einen viel Kraft und Geschicklichkeit fordernden Arbeitsbereich für wahrscheinlich immer hinter sich zu lassen. Anlässlich eines Besuches im Torfmuseum Neustadt – übrigens ein ebenso bemerkenswertes Ausflugziel wie das Heringsfängermuseum in Heemsen - stieß ich auf ein Büchlein einer Torfbauerntochter, die zusammen mit Frau Engelmann ihre Erfahrungen mit der Torfgewinnung und ihre Jugend auf dem Hofe eines Torfbauern aus Moordorf, ganz in der Nähe von Neustadt am Rübenberge und am Steinhuder Meer gelegen, zu Papier gebracht hat. Sie sollten sich diese Broschüre unbedingt bei dem Museumsbesuch zu Eigen machen, denn sie erzählt sehr anschaulich von noch vielen anderen Dingen aus dem harten Alltag der armen Moorbauern:
Hedwig Braun, „...In Wirklichkeit war es
nur eine einzige Quälerei...“ Erinnerungen einer
Moorbauerntochter Herausgeber: Landkreis Hannover 1994 Einf0hrung und
Redaktion: Christine Engelmann Aus
diesem Büchlein möchte ich die über die ganze Lektüre immer wieder
eingestreuten Moorarbeitsschilderungen als Anregung und gegen das Vergessen
hier zusammenstellen und vielleicht im Laufe der Zeit durch andere Berichte
ergänzen. Frau
Braun stellt ein kleines Gedicht voran, das die Mühen, zugleich auch den
Stolz über die jahrelang geleistete, schwere Arbeit verdeutlicht. Wi Törfstäkers Man sach innen Dau use Spuren, von usen Vaddern un von meck. Up oldvertrauten Fluren güng use Treck. Wenn dat Dagewerk tauenne, dä Rüggens vonner Arbed
krumm, man sach innen Dau use
Spuren - bloß annersrum. Hedwig Braun Sie
erzählt: „Von
Frühjahr bis Herbst verbrachte mein Vater die meiste Zeit im Moor. Was musste
nicht erst alles getan werden, ehe es soweit war, dass man den Torf verkaufen
konnte! Beim Torfstechen im Frühjahr mussten zuerst Torfmoose, Wollgräser und
Heide, die auf dem Torf wuchsen, entfernt werden. Diese Pflanzenschicht wurde
eingeritzt und dann stückweise abgelöst. Man warf sie in die Moorkuhle, die
beim letzten Torfstich entstanden war. Als
nächstes stach mein Vater, der "Stecher”, von oben erst quer und dann
längs die erste Sodenreihe vor. Dann stieg er in die Moorkuhle und löste mit
dem Spaten die einzelnen Soden. Schicht
für Schicht arbeitete er sich so nach unten, bis er ... (genügend) Soden
gestochen hatte. Das dauerte mehrere Wochen. Diese Soden wurden vom
"Schieber” auf die Schiebkarre geladen und zum Damm gefahren.“ „...
Schon als ich sechs Jahre alt war, stand mittags, wenn ich aus der Schule
kam, meine Mutter mit dem Henkeltopf in der Haustür. Dann musste ich dem
Vater das Mittagessen ins Moor bringen. Eine große Freude waren die
Mittagessen nicht gerade. Man konnte sich fast an den Fingern abzählen, was
es gab: Vizebohnen und Wurzeln, Erbsen und Wurzeln, Steckrüben oder Kohl,
meistens mit ein paar Schwarten gekocht. Frisches Fleisch wurde nicht
gekauft, weil kein Geld da war. Die Frühstücksbrote, mit Schinken oder
Mettwurst, schmeckten um so besser. Normalerweise gab es solche Delikatessen
nicht, nur während der Zeit, zu der der Vater besonders schwer arbeiten
musste. Manchmal fiel für mich auch eine von der Frühstückspause
übriggebliebene Scheibe ab, das nannte man "Hasenbutter", und mir
schmeckte es köstlich.... Meist
patschte ich (anschließend) noch ein bisschen in der Moorkuhle ‘rum
(ab Mai liefen wir barfuss, nur sonntags kriegten wir Schuhe an), aber dann
musste ich schnell zurück, denn nachmittags musste ich die Kühe hüten. Ich
ging über das Hochmoor nach Hause, durch Krüppelkiefern, Heide und Wollgras,
vorbei an Moorkuhlen mit Sonnentau, und beobachtete die vielen
Schmetterlinge, die Luft war bunt davon. Es gab damals auch noch viele
Vogelarten im Moor: Ich hörte den Brachvogel wehleidig rufen, und man musste
acht geben, nicht auf Kiebitzeier zu treten. Auch wenn ich mich schon
verspätet hatte, guckte ich im Sommer oft noch nach, ob die Bickbeeren reif
waren, denn die Eltern hatten kein Geld, um Obst zu kaufen.“ „Als
ich alt genug war, etwa vierzehn, war es meine Aufgabe (...die Soden vom
"Schieber” auf die Schiebkarre zu laden und zum Damm zu fahren*).“ „.....
Oft ging ich auch in die Moorkuhle und wollte Papa entlasten, aber da ließ er
mich nicht so gern ran. Er sagte, ich solle mir erst mal vom Bürgermeister
die Torfmaße holen. (Damit neckten die Torfstecher Neulinge, die noch nie
Torf gestochen hatten.) ....“ „...
Der Damm war ein Stück Moor, das man stehen gelassen hatte, und rechts und
links waren überall Moorkuhlen. Auf diesem Damm wurden dann die Soden zu
kleinen Stapeln aufgebaut, weil dort der Wind besser durchstreichen konnte.
Immer sechs frischgestochene Soden wurden übereinandergelegt, je zwei
nebeneinander, die nächsten beiden quer darüber, und die beiden obersten
wieder um 90 Grad gedreht. Wichtig dabei waren große Zwischenräume, damit der
Wind die Soden trocknen konnte.“ „.....
Zusammen schafften ...(Vater und Tochter)... 6000 Soden am Tag, das
war unser Quantum, eher gab es keinen Feierabend. Wir waren immer die ersten
und die letzten, die man im Moor antraf.“ „....Zur
Vesperzeit kamen oft “Torfnachbarn” zu uns, oder wir gingen zu ihnen zum
Klönen, man war nie allein auf dem Moor.....“ „....Wenn
wir abends zurück nach Hause gingen, saßen auf den Einfriedungspfählen schon
die Eulen, die nach Beute Ausschau hielten.....“ „...
Nach drei bis vier Wochen, je nach Wetter, wurde “umgespekt”, d.h. die
untersten Soden kamen nach oben. Nach
etwa vier Wochen wurde die Prozedur wiederholt. Inzwischen wurde Heu gemacht,
die Arbeit riss einfach nicht ab. Danach
wurden aus dem Torf große Haufen geschichtet, die schräg nach oben
zusammenliefen: Zwölf Törbe waren ein “Spekhaufen”. In der Mitte musste die
Luft durchstreichen können. Vor der Roggenernte mussten die Törbe aufgesetzt
sein. Mein Vater verstand es, große, rechteckige Torfstapel zu setzen, und
wenn der Damm von vorn bis hinten voll stand mit Stapeln, war ihm wohler. Jetzt
konnte das Wetter dem Torf nicht mehr so viel anhaben. Wenn es regnete, wurde
er nur noch außen herum nass und wehte auf dem Damm bald wieder trocken.“ „... Wenn das Wetter (vor Weihnachten) noch "offen” war, wurden auf dem Moor die Gräben "aufgemacht" (gereinigt) und Knüppeldämme gebaut, denn die vollbeladenen Wagen sackten sehr leicht ein, und es war schwer, wieder rauszukommen.“ „
Der Torfvorrat wurde in einem Schuppen neben dem Haus gelagert. Dort stellte
man auch den Leiterwagen unter und alles, was sonst noch gegen Wind und
Wetter geschützt werden musste, denn für Neuanschaffungen war kein Geld da.“ (Auch die Schule wurde mit Torf beheizt, es gab gesonderte
Torfplaggen für die Schule auf denen auch die Ärmeren Dorfbewohner ihren Torf
stechen durften) Frau Braun erzählt: „Nach dem Melken musste ich zusehen, dass ich pünktlich zur Schule kam. Wenn es kalt war, mussten wir Kinder abwechselnd in aller Herrgottsfrühe den großen Kanonenofen in der Schule heizen, der bis unter die Decke reichte. Von zu Hause brachten wir einen mit Petroleum getränkten Torf mit und fachten schon um sechs Uhr in dem riesigen Ofen das Feuer mit Torf und Holz an, damit er um acht Uhr glühte. Der Raum war groß und die Winter knackig kalt, aber wir übernahmen den Heizdienst gern, weil er mit viel “Döneken” verbunden war.“ *die kursive geschriebenen Teil sind zum Textverständnis eingefügt,
da die vorgefundenen Inhalte auf das hier gewählte Thema hin verdichtet
wurden.
Bilder vom TorfabbauTorfkarre Einsatz in den 1930ernBildersammlung Wiehe in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in
Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996 Außerdem nahm man
einen Strohschauer mit. Das war eine aus Stroh und Latten gebastelte Wand,
die beim Frühstück und Vesper vor kalten Winden und Regen und an heißen Tagen
vor der Sonne Schutz gab. Wenn im Frühjahr
das Feld bestellt war, dann ging es in das Moor zum Torfstechen. Obwohl es
sich um eine verhältnismäßig schwere Arbeit handelte, war man doch mit Freude
dabei. Das Essen war reichlich. Essenspause im Bonhorster Moorteil 1950erBildersammlung Wiehe in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in
Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996 Es gab wieder das
zweite Frühstück am Vormittag, welches im Winter eingespart wurde. Und wenn
der Kuckuck rief, dann durfte der Schinken angeschnitten werden, den man im
Moor „über den Daumen” frühstückte. Außerdem gab es gekochte Eier mit ins
Moor, die sonst beim Kaufmann gegen Kolonialwaren eingetauscht wurden. Im Moor
angekommen, wurde zunächst der Plaggen mit der Heidsense und Quicke von Heide
und sonstigem Gestrüpp gesäubert und eingeebnet. Hier wurde später der
gestochene Torf zum Trocknen aufgestellt. Jetzt wurde die Bank hergerichtet.
Das ist eine senkrechte Wand, vor der man im letzten Jahr mit dem Abstich
aufgehört hatte. Die Bank ist etwa zwei bis drei Meter lang. Von dieser Wand
wurde jeweils eine Schicht von der Länge der Torfstücke (ca. 30 cm)
abgestochen. Torfstechen Warmsen 1966Bildersammlung Wiehe in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in
Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996 Die Tiefe richtete
sich nach den Wasserverhältnissen, also etwa 1,50 bis 2 m. Das Moorwasser
brachte überhaupt große Schwierigkeiten mit sich. Selbstverständlich trugen
die Arbeiter Holzschuhstiefel (Holzschuhe mit langem Lederschaft). Mit dem
Haumesser wurde nun die Breite der Torfstücke eingehauen. Anschließend
konnten die einzelnen Stücke mit dem Torfspaten herausgestochen und auf das
Ufer (Oiwer) gelegt werden. Torfstechen im Hiller Moor 1930erBildersammlung Wiehe in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in
Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996 Dort auf dem
Plaggen war meistens eine Frau tätig (Magd, Tochter oder auch die Frau des
Bauern), die den Torf mit den Händen oder mit einer kleinen Forke mit vier
breiten kurzen Zinken, die der Schmied extra gefertigt hatte, auf die Karre
legte. Nun wurde der Torf
auf dem Plaggen in einiger Entfernung von der Kuhle in Ringeln zum Trocknen
aufgestellt. Ein Ringel bestand aus sechs Torfstücken, die kreuzweise
übereinander gelegt wurden. Die Reihen verliefen in Ost-West Richtung zum
Damm hin. Das hatte einen
bestimmten Grund, wie sich noch zeigen wird. Wenn die erste Fläche
vollgestellt war, wurde an anderer Stelle eine neue Bank und ein neuer
Plaggen in Angriff genommen. So wurde eine Schicht nach der anderen
herausgestochen, bis der Bedarf für den Eigenverbrauch und für den Verkauf
gedeckt war. Wenn nach einiger
Zeit der Torf etwas getrocknet war, wurde er umgeringelt. Aus zwei Reihen
wurde eine neue gesetzt, die Stücke wieder kreuzweise übereinander. Der trockene
Torf konnte jetzt höher gestapelt werden. Da die Reihen zum Damm hin
verliefen, konnte man später den trockenen Torf in diesen Gängen gut
transportieren. Torfstich im Woltringhauser MoorBild entnommen: Kreisausschuss des
Kreises Nienburg (Hrsg.) Heimatbuch des Kreises Am Damm wurden
Haufen von etwa 1,5 m Breite, 2 – 3 m Länge und 2 – 2,5 m Höhe
angelegt. Sie wurden fachgerecht mit einer Mauer aus Torfstücken umgeben. In
diesen Haufen lagerte der Torf zum Nachtrocknen, bis er – je nach Witterung Ende August bis Anfang September in den
eigenen Torfkoben abgefahren wurde. In nassen Jahren
gab es Schwierigkeiten, den Torf vom Moor herunter zu holen. Die Pferde
sanken dann tief in den Boden ein. Ihnen wurden deshalb „Schuhe” angepasst:
dicke, breite, fast runde Holzplatten, die an den Hufen mit Holzkeilen
befestigt wurden. Oder man hatte „Schuhe” aus Leder mit einer dicken
Ledersohle, in die der Huf hineingesteckt und oberhalb des Hufes mit einer
Schnalle befestigt wurde. Torfeinfahren in Warmsen 1950erBildersammlung Wiehe in: 900 Jahre Warmsen, eine Gemeinde in
Wort und Bild, Schriftenreihe der Samtgemeinde Uchte Band 5 1996 Die Torfkäufer
wagten sich mit ihren Pferden nur selten auf das Moor; denn die Tiere wurden auf
dem ungewohnten, schwankenden Boden unruhig. Mensch und Tier waren froh, wenn
sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Die Torfkäufer waren durchweg
langjährige Kunden auf den einzelnen Höfen. Sie kamen überwiegend aus der
Wesermarsch, aus der Umgebung von Schweringen, Bücken und Hoya. Oft brachten
sie Weizen mit, der hier auf den leichten Böden weniger gedieh. Auf dem
Kirchen und Schulmoor machten mehrere Anbauer und Handwerker, die kein
eigenes Moor besaßen, ihren Brenntorf. Sie mussten dafür einen Teil des
gestochenen Torfes in trockenem Zustand an die Kirche oder Schule abliefern.
Berechnet wurde die Menge nach den gestochenen Ringeln. An manchen Stellen
im Moor befinden sich viele Fasern im Torf. Dabei handelt es sich um
vertorfte Rückstände von Binsen, Riedgras und Schilf. Man nannte sie früher
„Luck”. Diese Fasern sind recht zäh und beim Torfstechen hinderlich, weil sie
sich am Torfspaten festsetzen und dadurch die Arbeit erschweren. In den letzten
Kriegsjahren (1914/18) mussten wir Schulkinder diese Fasern sammeln und
konnten sie dann in getrocknetem Zustand gegen ein kleines Entgelt in Campen
bei einer Sammelstelle (Eschenhorst) abliefern. Die Berechnung erfolgte nach
Kubikmetern. Man wollte das Material für die Spinnstoffherstellung verwenden. Es bleibt zu
hoffen, daß unseren Nachkommen wenigstens ein Teil des Moores, das
Jahrhunderte lang Erwerbsquelle und Arbeitsstätte unserer Vorfahren gewesen
ist, in seiner Ursprünglichkeit erhalten bleibt und dass die abgetorften
Flächen wieder vernässt werden, damit das Moor neu wachsen kann.
Moorabbau in heutiger Zeit
Leider werden sich die Prophezeiungen von Gade 1901 nicht erfüllen: „Die vielen und z.T. großen Moore im Hoyaschen
enthalten noch großen Reichtum an Material zu Torf, und wird ....ein Mangel
daran nicht eintreten, da ohnehin die Steinkohle immer mehr Verwendung
findet, und damit der Konsum an Torf immer geringer wird...“
Die Menschen haben Mitte der sechziger Jahre tatsächlich den Torfabbau zu Heizzwecken eingestellt, leider sind an ihre Stellen viele Torfwerke, genossenschaftlich geführte Betriebe getreten, die den Torfabbau in großem Umfange zur Düngetorfherstellung betreiben. Natürlich spielen hier ganz andere wirtschaftliche Überlegungen und Möglichkeiten eine Rolle. Fatal erinnert dieses Handeln an die Büffeljagd in Nordamerika, wo Dank der modernen Waffen nicht mehr regulierend sondern fast völlig vernichtend eingegriffen wurde. Großflächig und mit effektiven Maschinen werden ganze Landstriche zu wahren Einöden verwandelt. Die Torfbahn von Borstel 1968in Geschichte des Kirchspiels Borstel,
Hrsg. Heimatverein Borstel 1990 Torfstechmaschine 1987entnommen F. Bomhoff, Voigtei eine
Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989 Bis zum Horizont reichen die ausgepowerten Flächen, je nach Abbaumethode bilden die einmaligen Naturdenkmäler Krater einer zerstörerischen Welt.
Gefräste Torfflächen
Aufnahme 07/2003
Geringelte Torfflächen
Aufnahme Sybille Barthel 07/2003
Aufnahme 07/2003
„Wiedervernässung“, Abbauauflagen und andere Auflagen streuen nur Sand und vernebeln den Blick auf die Wirklichkeit. Mit nur wenigen Mitarbeitern stellt man den Düngetorf her, der als Streugut in heutiger Zeit ohne großen Aufwand durch andere Materialien ersetzt werden könnte.
Vertragsverlängerung: Vorbereiten der Abbaufläche
Photo 07/2003
Völlig unverständlich und eigentlich empörend: gerade vor kurzer Zeit ist im Bereich des Warmser Moores ein neuer Vertrag zur Abtorfung geschlossen worden, der dieses Treiben weiter verlängern wird! Torfabbaugebiete 1987entnommen F. Bomhoff, Voigtei eine
Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989
Sicher, die Eigentümer der Moore, die Bauern empfinden diesen Besitz als lästig: seitdem man den Heizstoff Torf nicht mehr benötigt, seitdem mehr und mehr Landwirte ihre Betriebe aufgeben sieht man keinen Nutzen in den zusätzlich von Kosten belasteten Grundstücken (z.B. „Grabengeld“ für die Entwässerung) und ist froh, wenn man ein paar Cent mehr als die ortüblichen 25 Cent pro Quadratmeter erzielen kann. Auch die politischen Gemeinden verfügen in der gegenwärtigen Finanzlage über zu wenig Mittel, um sich hier zu engagieren. Denn Moor heißt auch Pflege, d. h. Beweidung mit Schafen, sonst wuchern die Flächen innerhalb kürzester mit Birken u.ä. schnell wachsenden Gehölzen zu. Offensichtlich rührt das keinen politisch Verantwortlichen, die sich lieber an fruchtbare Marschböden heranwagen, um seltenen Tieren den Lebensraum zu erhalten....
Rückentwicklung der Moore in Deutschland 1850/1980
Bilder aus Torfmuseum Neustadt
Bilder aus Torfmuseum Neustadt „Moorfrühling in NiedersachsenMargarete Bink in Niedersächsischer Jäger 12/2001 Niedersachsen war einmal das
moorreichste Land Mitteleuropas. Die Moore konzentrierten sich in einem
Streifen südlich der Nordsee, zwischen Elbe und der holländischen Grenze. Von
den einst ausgedehnten Moorkomplexen sind heute nur noch kleine Restbestände
in halbwegs naturnahem Zustand erhalten. Hochmoore sind nährstoffarm und leben von Niederschlägen. Sie sind dürftig in der Vegetation, unabhängig vom mineralischen Untergrund und mit Wasser vollgesogen wie ein Schwamm. Niedermoore dagegen liegen im Einflussbereich des Grund- und Oberflächenwassers. Sie sind relativ nährstoffreich und begünstigen ein vielfältiges Tier und Pflanzenleben. Während demgegenüber in Hochmooren nur wenige, dafür aber hochspezialisierte Pflanzen- und Tierarten vorkommen. Für ihre Entstehung benötigten die Hochmoore Jahrtausende, denn ihr Wachstum vollzog sich sehr langsam. Da die Torfmoose in ihren Zellen große Wassermengen speichern können, sind die Moore wertvolle Wasserreservate im Naturhaushalt. Doch menschliches Zweckdenken schuf im Zeitalter des Fortschritts Entwässerungsprogramme zur Urbarmachung nutzlosen Brachlandes. Was anfangs noch durch mühevollen Handtorfstich der Moorsiedler an Moorflächen langsam verloren ging, schrumpfte später durch maschinelle Abtorfung industrieller Betriebe schnell auf einen Bruchteil der ehemaligen Flächen zusammen. Pulsierendes
Leben Die Eingriffe in die Natur bedrohen auch
unsere Vogelwelt, da damit der Lebensraum zerstört wird. Besonders die
Watvögel wie Brachvogel, Uferschnepfe, Rotschenkel, Bekassine und
Kampfläufer, die mit ihren langen, tastempfindlichen Schnäbeln stochernd im
weichen Boden nach Nahrung suchen, sind an Feuchtgebiete gebunden. Wird ihnen
der Lebensraum genommen, wandern sie ab oder sterben aus. Aber auch
zahlreiche andere Vogelarten sind auf feuchte, wasserreiche Areale
angewiesen. Im Schutz der Ruhe, die das schlecht begehbare Gelände mit sich
bringt, pulsiert vom Frühjahr bis zum Spätherbst in den Mooren ein
vielfältiges Tier und Pflanzenleben. Ein Heer von Zugvögeln sucht auf seinem Weg
nach Norden in diesen Ruhezonen rastend nach Nahrung. Zu den ersten
Frühlingsboten, die aus dem Winterquartier heimkehren, zählt der Kiebitz. In
wuchtelndem Flug grenzt er sein Revier ab. Schon bald beginnt er mit der Brut
und die vier dunkel gefleckten Eier im Gelege zeigen stets mit der Spitze zur
Nestmitte. Charakteristische Laute der Moornatur sind
die wundervoll melodischen, lang gezogenen Triller und Rufe des Großen
Brachvogels. Auch der eindrucksvolle Warnruf der Uferschnepfe ist in dieser
Landschaft nicht zu überhören – das Meckern. Eng mit dem Moor verknüpft ist
auch das Leben des Südlichen Goldregenpfeifers, der vom Aussterben bedroht
ist. Die Sumpfohreule, die im lautlosen Flug dahingleitet, ist in ihrer
Lebensweise ebenfalls an feuchte Biotope gebunden. Im Schutz der
Einsamkeit Das Moor ist reich an Stimmen und Leben.
Lerchen und Wiesenpieper wetteifern mit ihrem Gesang und geben zusammen mit
anderen Sängern ein faszinierendes Vogelkonzert. Seltene Libellen tanzen über
dem Ödland auf und nieder und die Kreuzotter schätzt an warmen Tagen ein
Sonnenbad vor ihrem Schlupfwinkel. Im Randbereich des Sumpfgebietes hält sich
gern der Moorfrosch auf. So sind diese Einöden der beste Schutz für viele seltene
Tierund Pflanzenarten, die in unserer Kulturlandschaft keine andere
Lebensmöglichkeit mehr finden. Mit fortschreitender Jahreszeit entfalten
die verschiedensten Pflanzenarten ihre Blüten und locken die Insekten an.
Doch die Schönheit der Moornatur wird erst richtig offenbar, wenn bei
leichter Brise ein Meer von fruchtenden Wollgräsern zu wogen beginnt. Zu
dieser Zeit sind die meisten Jungvögel schon geschlüpft und wachsen schnell
heran, denn es dauert nicht lange und die große Reise in den Süden beginnt.
Eine Vogelart nach der anderen verlässt das Brutgebiet und es wird still im
Moor. Ein herausragendes Gebiet für Brutvögel der
offenen Hochmoor, Heide und Feuchtwiesenlandschaft ist der Naturraum
Diepholzer Moorniederung zwischen Dümmer und Weser. Er hat eine Gesamtgröße
von ca. 105000 ha. Davon sind ca. 24000 ha Hochmoore (ohne Dümmerregion), ca.
15000 ha Feuchtgebiete mit internationaler Bedeutung, ca. 13600 ha
Naturschutzgebiete (NSG) und insgesamt ca. 30000 ha naturschutzwürdige
Fläche. Bereits 1972 fanden sich Naturschützer
zusammen, um Regenerationsmaßnahmen auf abgetorften Moorflächen in der
Diepholzer Moorniederung durchzuführen und die ökologische Situation der
letzten Hochmoorbereiche zu stabilisieren. Sie gründeten die Faunistische
Arbeitsgemeinschaft Moore (FAM), die bis heute besteht. Seit den mühevollen, arbeitsreichen Anfängen
dieser Interessengemeinschaft hat sich durch Pflegemaßnahmen,
Wiedervernässung trockengelegter Hochmoorbereiche, Entbirken und Entkusseln
degenerierter Moore, Bestandsaufnahmen von Fauna und Flora, Abflämmen von
Moorflächen und vielen anderen Arbeitseinsätzen im Laufe der Jahre mancher
Erfolg eingestellt. Biotopbeschreibung MoorBilder (Fotos: Margarete Bink) 1. Durch
„fortschrittliches Denken“ der Menschen entstanden Entwässerungsprogramme zur
Urbarmachung nutzlosen Brachlandes – der Moore. Auf den trockengefallenen
Flächen siedelt sich als Pioniergehölz unter anderem die Birke an. 2. Die
Schönheit des Moores offenbart sich erst dann richtig, wenn bei leichtem Wind
ein Meer von fruchtenden Wollgräsern zu wogen beginnt. 3. Schon
im März beginnt die Paarungszeit des seltenen Moorfrosches. Das Männchen
verfärbt sich während dieser Zeit hellblau. Die Laichklumpen finden sich mit
bis zu 3000 Eiern in den flachen Uferbereichen der Moorgewässer. 4. Der unüberhörbare Warnruf der
Uferschnepfe gehört unzweifelhaft zu der eigentümlichen Landschaft der Moore.
Der Zugvogel ist durch die weiter fortschreitende moderne Grünlandwirtschaft
in seinem Vorkommen bedroht. 5. Die
Weibchen der Schwarzen Heidelibelle sind im Gegensatz zu den Männchen
gelbbraun gefärbt. Stehende Moorgewässer gehören zu ihren bevorzugten
Aufenthaltsorten. Die Flugzeit erstreckt sich von Juli bis in den November. 6. Bereits Anfang der 70erJahre fanden sich Naturschützer zusammen, um in der Diepholzer Moorniederung Regenerationsmaßnahmen durchzuführen. Durch die Wiedervernässung ehemals trockengelegter Moorflächen stirbt die Birke. Ödland wird zu Nutzland
„Des Ersten Tod, des Zweiten Not, des Dritten Brot“Das ist der Spruch, den
die Bauern tradieren, deren Vorfahren die Ödlandkultivierung der Landschaft
abgerungen haben. Plaggenhütte mit BewohnernBild aus dem Nordloher Moor bei Oldenburg 1913. So hatte es in den
Moorkolonien häufig angefangen: Eine Hütte als Behausung, aus Heideplaggen
oder Torfsoden errichtet, mit kleinen Fenstern und einer Tür zumeist aus
städtischen Abrisshäusern. Welchen Betrachter überkommt nicht ein tiefes
Gefühl des Mitleides mit dem Elend dieser Menschen? Quelle:
Staatliches Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Oldenburg.
Viele Beispiele für eine solche Armut und Arbeitsqual finden sich in unserem Raum. Besonders einprägsam wird sie deutlich bei der Gründungsgeschichte einer ganzen Ansiedlung, nämlich Darlaten, dessen Chronik in prägnanten Beispielen demnächst hier vorgestellt und die zur Lektüre empfohlen werden soll.
Rodung von Ödland etwa 1935
Moor und Wald wurden bis in die dreißiger Jahre hinein Boden zur
Schaffung von landwirtschaftlichen Flächen abgerungen. Eine unendlich
schwere, entbehrungsreiche Arbeit. Hier ein Beispiel aus den 1930er Jahren
für diese Tätigkeit, die teilweise von staatlicher Seite mit organisiert
wurde. Bild
entnommen: Kreisausschuss des Kreises Nienburg (Hrsg.) Heimatbuch des Kreises
1936 Meliorationsarbeiten im Moor 1960entnommen
F. Bomhoff, Voigtei, 1989
Landmeliorationen
Immer dann, wenn die Bevölkerung
wuchs oder Kriege drohten, die eine nationale Autarkie als wünschenswert
erscheinen ließen, fühlten sich Verwaltung und Politik ermuntert, die Bauern
zur Erschließung weiterer, bislang nicht genutzter Landstriche aufzufordern
und diese Tätigkeit finanziell zu unterstützen. Bislang kann ich vier
Etappen erkennen, die zu Landmeliorationen (Verbesserung der bereits
genutzten Flächen) oder Ödlanderschließungen führten: - in der Zeit der
industriellen Revolution, die in Deutschland etwa 1830 Fahrt aufnahm (die
Bevölkerung stieg aus vielerlei Gründen rapide an) - vor dem 1. Weltkrieg
(nationale Autarkiewünsche) - während der
Nationalsozialistischen Zeit (Autarkiebestrebungen und Vorbereitung des
Krieges) - nach dem Kriege, wo die
Flüchtlingsströme zu einem großen Anstieg der Bevölkerung und zugleich dem
Wunsche führten, manche dieser Menschen auch in der Landwirtschaft zu
beschäftigen.
Förderungen in der Mitte des 19. Jh.Kaiserzeit und WeimarNationalsozialismus und LandwirtschaftDie Zeit
nach dem zweiten Weltkrieg
Öd- und Moorlandkultivierungen in den Nachkriegsjahrenaus
und nach dem Kapitel „Landwirtschaft / Betriebszweige“ von Seedorf/Meyer
(Hrsg.). Landeskunde NIEDERSACHSEN. Band II1996. Die Hungerjahre der Nachkriegszeit sind
manchem noch in Erinnerung, als durch den Zuzug von über 2 Millionen
Flüchtlingen nach Niedersachsen und durch die unzureichende Düngerversorgung
der Böden die Nahrungsdecke nicht ausreichte. Deshalb waren anfangs die Nahrungsmittelerzeugung und -versorgung der Bevölkerung
ein Hauptanliegen der Bundes und der
Landesregierungen. Um dem Nahrungsmangel zu begegnen, wurden
großräumig Bodenuntersuchungen
und Kartierungen durchgeführt, die
feststellen sollten, auf welchen Grünlandstandorten der Marschen und
Flussniederungen Brotgetreide angebaut werden könne. Allenthalben wurden Moorkultivierungen vorgenommen,
um neue Nährflächen zu schaffen. Im Emsland sind z.B. von 1950 bis 1970 rd. 111.000 ha
kultiviert, 14.000 ha gedränt, 640 km Flussläufe sowie 6.200 km Vorfluter und
Gräben ausgebaut worden. Um die Menschen aus der Armut zu führen, sind 1.250
neue Bauernhöfe und rd. 5.000 Nebenerwerbsstellen für Flüchtlinge und
Einheimische geschaffen worden. Als gesellschaftspolitisches Ziel galt es,
möglichst viele bäuerliche Vollerwerbsbetriebe (ca. 25 ha) zu erhalten bzw.
neu anzulegen.
Zur Geschichte des Niedersächsischen Wappens
Geschichte und Entwicklung des Pferdes im NiedersachsenwappenInformationen
nach Schnath in „Das Sachsenross – Entstehung und Bedeutung des
Niedersächsischen Landeswappens“ in Reihe B Heft 6 der Schriftenreihe der
Landeszentrale für politische Bildung in Niedersachsen, Hannover 1961. Der Stammbaum des Sachsenross-Wappens zeigt die Entwicklungsstufen,
Abzweigungen und Verzweigungen des Sachsenrosses als Wappensymbol. Das Ross wurde 1361 durch Herzog Albrecht
II. von Grubenhagen in das Welfensiegel eingeführt und erschien später im
Wappenschild der welfischen Herzöge von Braunschweig und Lüneburg, die bis
dahin den Braunschweiger Leoparden und den Lüneburger Löwen als alleiniges
Geschlechts- und Hoheitszeichen geführt hatten. „Sie griffen damit“, wie G.
Schnath ausführt, „bewusst auf altsächsische, volkstümliche Überlieferungen
zurück. Anknüpfend an die Namen Hengist und Horsa, die legendären Führer der
sächsischen Landnahme in Britannien, erblickte man in dem Pferde die
Stammeszeichen der alten Sachsen, später auch das persönliche Wappenzeichen
des Sachsenherzogs Widukind. Mit dem Pferd im Schild wollten die Welfen als
Nachkommen der früheren Stammesherzöge ihre Führerstellung im altsächsischen
Raum betonen...“ Und heute?
Das nachstehende Bild kann ich monatlich meinen Gehaltsmitteilungen entnehmen, es ist das kulturelle Symbol Schröder’schen Regierungsstils – ihm haben wir die sogenannte „Vereinfachung“ zu verdanken. Eine ähnliche Großtat, wie etwa der jüngst glücklicherweise gescheiterte Versuch, den deutschen Nationalfeiertag – einen der wenigen sympathischen und weltweit akzeptierten, friedlich gestalteten Gedenktage deutscher Geschichte - zu einem beliebigen Sonntagsereignis zu machen. Immerhin scheint ein Hoffnungsschimmer zu bestehen: die gegenwärtige niedersächsische Landesregierung plant, diese Entscheidung wieder rückgängig zu machen – aber zunächst muss ja wohl das vorgedruckte Papier verbraucht sein ...
Literaturverzeichnis
Örtliche Chroniken
Borstel: Geschichte des Kirchspiels Borstel, Hrsg. Heimatverein Borstel 1990 Darlaten: Willi Schildmeyer, Darlaten – ein Dorf wurde geschaffen. Vom menschenfeindlichen kargen Hochmoor zur fruchtbaren Kulturlandschaft, 1997. Leese: 800 Jahre Gemeinde Leese 1983, Gemeinde Leese (Hrsg.), Schriftleitung Heinrich Munk, 1983 Voigtei: F. Bomhoff, Voigtei eine Streusiedlung am Rande der Moore in Steyerberger Chroniken 1989
Überregionale BeschreibungenGade, Heinrich Historisch – geographisch - statistische Beschreibung der Grafschaften Hoya und Diepholz, 2 Bände, Nienburg 1901. Seedorf, Hans Heinrich und
Meyer, Hans-Heinrich (Hrsg.). Landeskunde NIEDERSACHSEN. Natur und Kulturgeschichte eines Bundeslandes. Band II:
Niedersachsen als Wirtschafts- und Kulturraum. 1996. Wachholtz-Verlag Neumünster.
Wird fortgesetzt... |
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